Wenn eine ehrliche, langfristige und tatsächlich nachhaltige Lösung für das Müllproblem gefunden werden soll, dem sich die Menschheit gerade gegenübersieht, dann reicht es nicht aus alternative Stoffe für Plastik zu suchen. Langfristig muss beispielsweise auf überflüssige Verpackungen verzichtet und der Einsatz von Mehrwegprodukten wieder deutlich gefördert werden. Plastik ist allerdings so omnipräsent in unserem Alltag, dass dieser Verzicht nicht von einem auf den anderen Tag gelingen kann. Aktuell läuft deshalb die Suche nach nachhaltigen Alternativen auf Hochtouren.
Eine Alternative zum handelsüblichen Plastik, sind beispielsweise Kunststoffe, die auf der Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden. Diese Idee ist nicht neu – im Gegenteil: bis man Erdöl als Basis für Plastik entdeckte, wurden Kunststoffe ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Nun kehrt man zu diesem Ansatz zurück und kreiert sogenanntes “Bio”Plastik (Vorsicht: Der Begriff Bioplastik ist nicht geschützt und nicht jedes Bioplastik basiert auf nachwachsenden Rohstoffen. Erfahre hier mehr dazu was Bioplastik genau bedeutet).
An dieser Stelle sollen zwei Sorten Bioplastik auf Basis nachwachsender Rohstoffe, vorgestellt werden: PLA und Bagasse. PLA erobert den Markt derzeit am schnellsten und hat aufgrund seiner Beschaffenheit, das Potential herkömmliches Plastik in vielen Bereichen zu ersetzen. Weniger bekannt, PLA in einigen Punkten aber dennoch schon eine Nasenlänge voraus, ist Bagasse. Beide Biokunststoffe haben sowohl Vor- als auch Nachteile, können auf dem Weg in eine Welt ohne überflüssigen Plastikmüll aber einen wichtigen Beitrag leisten.
Polylactid – oder einfach PLA
PLA wird aus Maisstärke oder Milchsäure gewonnen und bildet eine Art Harz, das sich für verschiedene Zwecke nutzen lässt. In seiner Beschaffenheit ähnelt es dem herkömmlichen Plastik auf Rohölbasis. Je nach Bedarf kann es entweder in eine folienartige Form gebracht und zum Beispiel für die Herstellung von Plastiktüten genutzt, oder aber in fester Form für Trinkbecher, Besteck und ähnliches verwendet werden. Es hat allerdings den Nachteil, dass es nicht sehr hitzebeständig ist und sich deshalb nicht für den Kontakt mit heißen Speisen eignet.
Wenn es allerdings um die Lösung für das Müllproblem geht, muss ein besonderer Fokus natürlich nicht nur auf der Produktion, sondern eben auf der Entsorgung des Produkts liegen. PLA ist aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und gilt als biologisch abbaubar. Folgt man der EU Norm 13432 bedeutet das, dass es sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums und unter bestimmten Umweltbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit etc.) durch das Zutun von Mikroorganismen oder Pilzen bis zu 90% in Wasser, CO2 und Biomasse zersetzen kann. Damit hat es den meisten erdölbasierten Kunststoffen eine Menge voraus.
Der Haken an der Sache ist allerdings, dass sich PLA nur unter industriellen Bedingungen, also in industriellen Kompostieranlagen zersetzen kann. In Deutschland herrschen nicht die richtigen klimatischen Bedingungen, um PLA im Hauskompost zersetzen zu lassen. Doch auch deutsche Kompostieranlagen sind noch nicht auf die neuen Biokunststoffe eingestellt. Die Verweildauer von Biomüll in einer Kompostanlage beträgt höchstens 80 Tage – nicht genug, um das PLA ausreichend abzubauen. Die meisten Entsorgungsunternehmen verbieten daher, dass PLA in die Biotonne wandert. Landet es im Hausmüll, wird es verbrannt. Landet es in der Umwelt, kann es unter Umständen genau so schlecht abgebaut werden wie herkömmliches Plastik.
Ein weiterer Punkt, der bei PLA als Plastikalternative beachtet werden muss, ist, dass die benötigten Rohstoffe wie Mais häufig nicht aus nachhaltigem Anbau kommen. Die Degradation von Böden findet bisher weniger Aufmerksamkeit als das Problem der knapper werdenden Ressource Erdöl – darf aber keinesfalls unbeachtet bleiben. Um PLA also zu einer sinnvollen Alternative zu Plastik zu machen, ist es wichtig, dass sowohl die Anbaubedingungen für die Rohstoffe kontrolliert werden, als auch eine sinnvolle Lösung für die Entsorgung gefunden wird. Das reine Verbrennen des PLA-Mülls schützt zwar die Meere vor einem weiteren Plastikeintrag, stellt aber auch eine unnötige Ressourcenverschwendung dar. Wenn diese Probleme angegangen werden, hat PLA aber gute Voraussetzungen eine wirklich sinnvolle Alternative zu Plastik zu werden.
Hier noch ein Mal die Vor- und Nachteile von Bagasse im Überblick:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Verzicht auf Erdöl in der Herstellung | Rohstoffe aus nicht-nachhaltigem Anbau belasten die Ressource Boden |
unter bestimmten Voraussetzungen biologisch abbaubar | in der Realität werden die Produkte nicht zu Kompost umgewandelt, sondern verbrannt |
Besser geht’s mit Bagasse
Bagasse ist bisher deutlich weniger bekannt als PLA, hat allerdings überhaupt keinen Grund sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Bagasse wird aus einem Nebenprodukt der Zuckerrohrproduktion gewonnen. Nachdem der Saft aus den Rohren gepresst worden ist, bleiben faserige Reste zurück. Mit Wasser vermischt, ergeben diese eine Art Brei. Wenn dieser in die richtige Form gebracht und getrocknet wird, lassen sich daraus ganz einfach und ohne Zusatz von Chemikalien styroporähnliche Produkte herstellen. Ob Take-Away-Boxen, Becher oder Geschirr, mit Bagasse kann eine Vielzahl typischer Plastikprodukte ersetzt werden. Für die aktuelle Produktionsmenge von Bagasseprodukten wird also zunächst ein Mal keine zusätzliche Fläche für den Rohstoffanbau in Anspruch genommen. Im Gegenteil: es wird sogar ein Abfallprodukt sinnvoll verwertet anstatt wie bisher üblich einfach verbrannt zu werden.
Hinzukommt, dass Bagasse, anders als PLA hitzebeständig und somit sowohl für die Mikrowelle als auch für den Kontakt mit heißen Speisen geeignet ist. Und auch in Bezug auf die Entsorgung ist Bagasse PLA ein Stück voraus. Bagasse zersetzt sich deutlich schneller als PLA und kann mit etwas Geduld, sogar im Hauskompost zersetzt werden. Dabei liefert es dem Kompost im Gegensatz zu PLA zumindest ein paar Nährstoffe.
Trotzdem müssen beim Kauf von Bagasseprodukten einige Dinge beachtet werden. Obwohl der Einsatz von Chemikalien nicht unbedingt notwendig ist, werden einige Bagasseprodukte dennoch mit Stoffen versetzt, die die Produkte stabilisieren sollen. Das geht zulasten der Kompostierbarkeit und schließt nicht aus, dass auf diesem Wege doch wieder Rohöl in das Produkt gelangt. Achte deshalb darauf, dass Du ausschließlich unbehandelte Bagasseprodukte kaufen.
Hier noch ein Mal die Vor- und Nachteile von Bagasse im Überblick:
Vorteile | Nachteile |
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Verzicht auf Erdöl in der Herstellung | Rohstoffe aus nicht-nachhaltigem Anbau belasten die Ressource Boden |
unter bestimmten Voraussetzungen biologisch abbaubar | in der Realität werden die Produkte nicht zu Kompost umgewandelt, sondern verbrannt |