Schon häufiger haben wir über die Verschmutzung unserer Umwelt durch Mikroplastik berichtet. Was dabei bislang jedoch kaum Beachtung fand: Als einer der Hauptquellen von Mikroplastik gilt die Freisetzung von Kunststofffasern aus Textilien. Diese lösen sich mit jedem Waschgang aus unserer Kleidung und sollen so für rund 35 Prozent des gesamten Mikroplastikaufkommens in den Meeren verantwortlich sein. Was Mikroplastik in unserer Kleidung überhaupt zu suchen hat und wie wir der Verschmutzung unserer Umwelt wirksam vorbeugen können, beleuchten wir in diesem Artikel.
Warum besteht unsere Kleidung aus Plastikpartikeln?
Viele Kleidungsstücke, die sich in unserem Kleiderschrank befinden, bestehen ganz oder teilweise aus Plastik. Das liegt an den zahlreichen Vorzügen, die synthetische Fasern bieten: Sie sind atmungsaktiv, elastisch und trocknen schnell. Dennoch ist den Verbrauchern oft nicht klar, dass es sich bei dem, was sie am Körper tragen, um Plastik handelt. Die synthetischen Fasern verstecken sich hinter Begriffen wie Polyester, Polyamid, Polyacryl und Nylon. Oft werden synthetische Fasern auch mit Baumwolle gemischt. Je nachdem, wie hoch der Anteil der Kunststofffasern am Gewebe ist, muss das noch nicht einmal auf dem Etikett angegeben werden. Chemisch hergestellte Fasern, die in der Textilindustrie Verwendung finden, bestehen jedoch nicht zwangsläufig aus Plastik. So gibt es auch halbsynthetische Fasern, die aus Naturstoffen wie Holz gewonnen und chemisch behandelt werden. Synthetische Fasern werden stattdessen aus Kohle, Erdöl oder Erdgas gewonnen und chemisch umgewandelt. Mittlerweile bestehen rund 70 Prozent aller weltweit produzierten Textilfasern aus synthetischen Polymeren.
Probleme von Mikroplastik aus Textilfasern
Das Problem: Kleinste Plastikpartikel lösen sich beim Waschen aus synthetischer Kleidung. Je nach Materialien sind das bis zu 3.000 Kunststofffasern bei nur einem einzigen Waschgang. Diese sind so klein, dass die Kläranlagen oft nicht dazu in der Lage sind, die Kunststofffasern zu filtern. So gelangen sie in Form von Mikroplastik ungehindert vom Abwasser über Flüsse und Meere direkt in unsere Nahrungskette. Welche gesundheitlichen Auswirkungen Mikroplastik auf Mensch und Tier hat, ist zwar noch nicht eindeutig geklärt. Fest steht aber, dass Mikroplastik giftige Schadstoffe wie ein Magnet anzieht. Diese gelangen mit der Aufnahme von Mikroplastik in den Organismus, wo sie erheblichen Schaden anrichten können. Erfahre hier mehr zu den Gesundheitsrisiken von Plastik für den Menschen.
Hinzu kommen Unmengen an Chemikalien, die bei der Produktion und dem Färben der Kleidung eingesetzt werden. Dazu zählen insbesondere Formaldehyd, Flammschutzmittel, Farb- und Zusatzstoffe. Viele davon sind krebserregend, können Allergien und hormonelle Veränderungen hervorrufen und stehen im Verdacht, die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Das bekommen insbesondere die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Textilfabriken zu spüren. Aber auch Anwohner haben mit den negativen Auswirkungen der Schadstoffe zu kämpfen.
Fast Fashion: Eine der großen Umweltsünden unserer Zeit
Wesentlich zu dieser Entwicklung trägt die sogenannte Fast Fashion Industrie bei. Während die großen Modehäuser noch vor einigen Jahren nur eine Frühling-/Sommer- und eine Herbst-/Winterkollektion im Jahr vorstellten, besteht das Jahr der Billigketten mittlerweile aus mindestens zwölf Modezyklen. Damit stillen diese den Durst unserer Konsumgesellschaft nach immer mehr Kleidung zu immer günstigeren Konditionen. Mit katastrophalen Folgen für Mensch und Natur: Neben der denkbar schlechten Umweltbilanz der Fast Fashion stehen insbesondere die in der Branche üblichen, oft menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen mit Löhnen unterhalb des Existenzminimums in der Kritik.
Wo massenhaft produziert wird, bleibt aber natürlich auch viel übrig. So landet ein T-Shirt, an der eine Näherin aus Bangladesch viele Stunden gearbeitet hat, meist schon nach einer verhältnismäßig kurzen Tragezeit im Müll. Und von da aus in den Verbrennungsanlagen, denn Fast Fashion ist oft so günstig, dass es sich nicht einmal mehr lohnt, die Kleidung weiterzuverkaufen. So verwundert es wenig, dass sich alleine in den USA die Menge der Kleidungsstücke, die pro Jahr weggeworfen werden, von sieben auf 14 Millionen Tonnen verdoppelt hat.
Umweltverschmutzung durch die Textilindustrie: Was jeder von uns tun kann
Diese Zahlen sind erschreckend, zeigen aber auf, wie dringend Handlungsbedarf besteht und zwar bei jedem von uns. Ein nachhaltiger Lebensstil ist auch bei unserem Umgang mit Textilien unumgänglich, um der Plastikverschmutzung unserer Umwelt Einhalt zu gebieten. Dabei liegt es natürlich nahe, auf den Kauf von Produkten aus Kunststofffasern zu verzichten. Das mag ein Anfang sein, reicht jedoch nicht aus, um der Umweltverschmutzung durch die Textilindustrie Einhalt zu gebieten. Denn auch Textilien aus Naturfasern können der Umwelt schaden. So kommen beim Anbau von Baumwolle häufig Pestizide zum Einsatz. Nachhaltige Modelabels verwenden bei der Produktion Bio-Baumwolle, bei deren Anbau auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet wird. Auch in diesem Fall geht die Baumwollproduktion aber zwangsläufig mit einem enorm hohen Wasserverbrauch einher. Der Umstieg von Fast Fashion auf sogenannte Slow Fashion kann also nicht die alleinige Lösung sein.
Weniger konsumieren, mehr reparieren
Stattdessen sollten wir darauf achten, generell weniger zu konsumieren, das gilt auch für unsere Kleidung. Oft kaufen wir viel mehr, als wir tatsächlich benötigen. Vor einem überstürzten Kleiderkauf sollte man ehrlich zu sich selbst sein und sich fragen, ob man das jeweilige Kleidungsstück tatsächlich braucht. In den meisten Fällen wird man die Frage mit „Nein“ beantworten können. Ein kleines Loch in der Jeans macht diese übrigens nicht direkt unbrauchbar. Das lässt sich leicht reparieren. Falls man doch mal etwas nötig hat, kann man auch einen Blick in Second Hand-Läden und Online-Verkaufsportale wie ebay Kleinanzeigen und Kleiderkreisel werfen. Das ist übrigens auch eine großartige Möglichkeit, um gut erhaltene Kleidungsstücke, die man selbst nicht mehr trägt, loszuwerden ohne diese direkt in den Müll werfen zu müssen.
Vom Altkleidercontainer raten wir übrigens dringend ab. Das liegt einerseits daran, dass die Kleidung in den seltensten Fällen dort landet, wo sie tatsächlich gebraucht wird. Stattdessen wird gut erhaltene Kleidung an Secondhand-Läden in Deutschland und Osteuropa weiterverkauft, während minderwertige Ware auf südamerikanischen oder afrikanischen Märkten landet. Dort droht die ausländische Ware die lokale Textilindustrie zu zerstören. Viele tausend Menschen verloren in Ostafrika bereits durch die Altkleiderproblematik ihren Job. Eine Jeans für 2 Dollar lässt sich nämlich auch in Afrika nicht produzieren.
Kunststofffasern beim Waschen filtern
Auch wer selbst noch Kleidungsstücke aus Kunststofffasern im Schrank hat, muss diese jedoch nicht gleich wegschmeißen. Die gemeinnützige Organisation “Stop! Micro Waste” hat einen Wäschesack auf den Markt gebracht, der so feinmaschig ist, dass die beim Waschen gelösten Kunststofffasern darin hängen bleiben statt im Abwasser zu landen. Für die Zukunft sind innovative Technologien wie eingebaute Mikroplastik-Filter in den Waschmaschinen wünschenswert. Bis dahin ist der „Guppyfriend“ aber eine tolle Möglichkeit, um dem Mikroplastik-Problem unserer Textilien nachhaltig und umweltbewusst zu begegnen.