Das Pfandsystem in Deutschland – 20 Jahre nach der Einführung

16. Januar 2024 | Recycling & Müllvermeidung

Seit 2003 begleitet uns die Pfandpflicht für Einweg-Getränkeverpackungen und ist beim Kauf von Getränken allgegenwärtig. Zwar gab es auch davor schon Getränke in Mehrwegverpackungen, doch sank der Anteil vor Einführung der Pfandpflicht kontinuierlich. Der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin sah das Pfand auf Einwegverpackungen als Möglichkeit, die Einwegflut einzudämmen und zu verhindern, dass Plastikflaschen und Dosen achtlos weggeworfen werden. Zusätzlich sollte es einen Anreiz für Verbraucher und Händler schaffen, auf die ökologischen Mehrwegverpackungen umzusteigen. In den 20 Jahren seit der Einführung gab es mehrmals Anpassungen des Pfandsystems und die Pfandpflicht wurde zusätzlich ausgeweitet.

Getränkedose

Einführung und Änderungen des Pfandsystems in Deutschland

Trotz starker Gegenwehr von Einzelhandel und Getränkeindustrie konnte das im Jahr 2002 beschlossene Pfand auf Einweg-Getränkeverpackungen nicht abgewendet werden. Zum 1. Januar 2003 wurde die Pfandpflicht für Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure, Mineralwasser, Bier und Biermischgetränke in Einweg-Getränkeverpackungen mit 0,1 bis 3,0 Litern eingeführt. Zu Beginn konnten die Verbraucher die Einwegflaschen nur in den Läden zurückgeben, wo sie diese gekauft hatten. Dementsprechend kompliziert gestaltete sich zum Teil die Rückgabe der Pfandflaschen. Am 29. Mai 2005 wurde das Pfand zudem auf einheitlich 25 Cent festgelegt.

Anpassungen und Neuregelungen ab 2006

Im Jahr 2006 wurde die Pfandpflicht auf alle Verpackungen für Mineral- und Tafelwasser, Erfrischungsgetränke sowie Bier- und Biermischgetränke ausgeweitet. Außerdem unterliegen seitdem auch kohlensäurehaltige und nicht kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke und alkoholhaltige Mischgetränke in Einwegflaschen und Dosen der Pfandpflicht. Um die Rückgabe der Pfandflaschen zu erleichtern, wurden die Einzelhändler und Verkäufer verpflichtet, alle Einweg-Getränkeverpackungen zurückzunehmen, die sie auch selbst in ihrem Sortiment führen. Das bedeutet, dass ein Laden, der nur PET-Flaschen verkauft, keine Dosen oder Glasflaschen zurücknehmen muss. Eine Ausnahme gibt es auch für Ladengeschäfte deren Verkaufsfläche unter 200 qm liegt. Um diese Händler vor großen Ansammlungen an Leergut zu bewahren, müssen sie nur Pfandflaschen und -dosen von Marken zurücknehmen, die sie auch verkaufen. Außerdem wurde im Jahr 2006 die Annahme von Pfandflaschen durch die Aufstellung von Leergutautomaten vereinfacht.

Weitere Änderungen ab 2019

Ab dem 1. Januar 2019 gilt auch für kohlensäurehaltige Frucht- und Gemüsesäfte und Mischgetränke mit einem Anteil von mindestens 50 % an Milcherzeugnissen die Pfandpflicht. Seit dem 1. Januar 2022 hingegen gilt die Pfandpflicht für alle Einwegflaschen und Getränkedosen. Der Inhalt spielt seitdem keine Rolle mehr. Nur Milchgetränke waren zu diesem Zeitpunkt nicht pfandpflichtig. Das änderte sich jedoch zum 1. Januar 2024. Seitdem müssen die Kunden auch auf Milch und Milchgetränke in Einwegflaschen 25 Cent Pfand bezahlen. Mittlerweile werden laut Umweltbundesamt zwischen 95 und 99 % der Einweg-Getränkeverpackungen zurückgebracht und recycelt. Nicht nur in Deutschland gibt es ein Pfandsystem für PET-Flaschen. Auch andere Länder tragen mit einer Pfandpflicht zum Recycling bei. Allerdings geht hier jedes Land seinen eigenen Weg, weshalb eine europaweite Pfandpflicht ab 2028 gefordert wird.

Wie funktioniert das Pfandsystem in Deutschland?

Um ein einheitliches Pfandsystem für Einweg-Getränkeverpackungen in Deutschland zu ermöglichen, wurde 2005 die DPG Deutsche Pfandsystem GmbH gegründet. Aufgabe der DPG ist die Organisation und Realisierung eines bundesweit einheitlichen Rücknahmesystems für Einwegflaschen und -dosen, um diese nach der Rückgabe durch die Verbraucher zu recyclen. Angestrebt wird ein geschlossener Kreislauf, bei dem die leeren Flaschen und Dosen verwertet und anschließend für die Herstellung neuer Verpackungen verwendet werden. Da ein Teil der Einweg-Getränkeverpackungen nicht zurückgebracht werden, ist auch 20 Jahre nach der Einführung der Pfandpflicht kein geschlossener Kreislauf möglich und es werden weiterhin auch neue Flaschen und Dosen produziert, die nicht aus recycelten Materialien bestehen.

Der Rücknahmeprozess von Einwegflaschen

Um die Rücknahme von Flaschen und Dosen im Rahmen des DPG-Systems durchführen zu können, müssen die Getränkehersteller alle Einweg-Getränkeverpackungen, für die die Pfandpflicht gilt, entsprechend kennzeichnen. Nach Vorgabe der DPG müssen die Hersteller die Flaschen und Dosen mit der DPG-Markierung und einer speziellen Global Trade Item Number (GTIN) versehen. Für die Rücknahme der Pfandflaschen stehen in den Supermärkten und Discountern Leergutautomaten zur Verfügung, über die eine unkomplizierte Rückgabe möglich ist. Die Kunden legen die Flaschen und Dosen in den Automaten, wo diese eingezogen und gescannt wird. Über die GTIN wird festgestellt, ob die Pfandflasche im DPG-System registriert ist und zu welchem Hersteller sie gehört. Anschließend werden die Plastikflaschen zerdrückt und der Verwertung zugeführt.

Pfand-Clearing

Damit die Pfanderstattung an die Kunden keine finanziellen Einbußen für die Rücknehmer mit sich bringt, wurde das Pfand-Clearing eingeführt. Alle Hersteller, die eine pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackung in Verkehr bringen und Pfand erheben, müssen den Händlern, die die Flaschen und Dosen zurückgenommen und das Pfandgeld ausgezahlt haben, einen Pfandausgleich bezahlen. Hierfür werden die Daten der Pfandflaschen und -dosen über spezielle Clearing-Dienstleister verarbeitet.

Mehrweg vs. Einweg – Unterschiede beim Pfandsystem

Die Erhebung von Flaschenpfand ist keine neue Erfindung. Schon einige Jahre vor Einführung der Pfandpflicht für Einwegflaschen, war das Mehrweg-Pfandsystem weit verbreitet. Auch heutzutage erweisen sich Mehrwegflaschen, die nach der Rückgabe gereinigt und erneut befüllt werden, als wesentlich ökologischer als Einwegpfandflaschen, die nach der Rücknahme recycelt werden. Mehrwegflaschen aus Glas werden in der Regel bis zu 50-mal wieder befüllt. Mehrwegflaschen aus Kunststoff hingegen werden bis zu 25-mal wieder befüllt.

Geschichtliche Fakten zum Mehrwegpfand

Beim Thema Mehrweg-Pfandsystem waren die Schweden Vorreiter. Schon im Jahr 1885 gab es dort ein Mehrweg-Pfandsystem für Glasflaschen. In Deutschland kam das Mehrwegpfand erstmals 1903 auf, als ein Bierhändler aus Frankfurt Mehrwegpfand für seine Bierflaschen einführte. Es folgten weitere Getränkehersteller, die ebenfalls ein Mehrweg-System umsetzten. 1929 erhob auch das US-amerikanische Unternehmen Coca-Cola in Deutschland Pfand auf seine Getränkeflaschen.

Im Gegensatz zum Einwegpfand ist das Mehrwegpfand nicht einheitlich geregelt. Je nach Getränk und Flasche liegt das Pfand für Mehrwegflaschen zwischen 2 und 15 Cent. Dadurch ist es für die Verbraucher schwer, hier den Überblick zu behalten. Außerdem sind die Mehrwegflaschen häufig nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen.

Erkennbar sind die Mehrwegflaschen zum Beispiel an der Aufschrift:

  • Mehrweg
  • Mehrwegflasche
  • Leihflasche
  • Pfandflasche

oder dem Mehrweg-Siegel:

Mehrwegflaschen sind sowohl aus Kunststoff als auch aus Glas erhältlich. Übrigens ist der Verkauf von Getränken in Kästen kein Indiz dafür, dass es sich um Mehrwegflaschen handelt. Denn es gibt auch Hersteller, die pfandpflichtige Einwegflaschen in Kästen verkaufen.

Die Pfandhöhe beim Mehrwegsystem hängt vom Getränk und der Flasche ab.

Getränk/FlascheMehrwegpfand
Mineralwasser in Mehrwegflaschen aus Glas oder Kunststoff15 Cent
Saft und Softdrinks in Mehrwegflaschen aus Glas oder Kunststoff 15 Cent
Bier in Glasflaschen8 Cent
Bier in Bügelverschluss-Flaschen15 Cent
Wein in 1 Liter Glasflaschen2 – 3 Cent

Das Ende des Dosenpfand-Tourismus in den Niederlanden

Während der Kauf von Getränken in Einweg-Getränkeverpackungen in Deutschland seit 2003 mit einem Pfand in Höhe von 25 Cent verbunden ist, war es in den Niederlanden bis 2021 möglich, pfandfreie Getränke in PET-Flaschen zu kaufen. Auch danach zog es noch viele Deutsche in die Niederlande, um günstige Getränkedosen für Partys, Festivals oder andere Anlässe zu kaufen. Denn diese waren auch nach der Einführung der Pfandpflicht für PET-Flaschen weiterhin pfandfrei erhältlich. Dem Dosen-Tourismus wurde jedoch 2023 ein Riegel vorgeschoben. Seit dem 1. April 2023 gibt es ein Dosenpfand für Getränkeverpackungen aus Metall in Höhe von 15 Cent.

Die Höhe des Statiegeld, wie das Pfand in den Niederlanden heißt, hängt von der Art der Flasche und der Füllmenge ab und wird wie in Deutschland üblicherweise auf den Verkaufspreis aufgeschlagen.

FlaschePfand in den Niederlanden
PET-Flasche unter 1 Liter15 Cent
PET-Flasche ab 1 Liter25 Cent
Bierflasche aus Glas10 Cent
Bierflasche mit Bügelverschluss20 Cent

Pfandpflichtig sind Softdrinks und Mineralwasser in PET-Flaschen. Hersteller von Saft können selbst entscheiden, ob sie am Pfandsystem teilnehmen. Für Milch und Milchgetränke in Plastikflaschen gilt bislang keine Pfandpflicht.

Weitere Fragen zum Dosenpfand in den Niederlanden

  • Wo können Flaschen und Dosen abgegeben werden?

Die Pfandflaschen und -dosen können wie auch in Deutschland in Supermärkten, Discountern und anderen Stellen, die diese verkaufen, abgegeben werden. Grundsätzlich muss jeder, der pfandpflichtige Getränke verkauft, die leeren Flaschen und Dosen annehmen.

  • Können die Pfandflaschen und -dosen in Deutschland zurückgegeben werden?

Da es bislang kein einheitliches Pfandsystem in Europa gibt, ist eine Rückgabe der Flaschen und Dosen in Deutschland nicht möglich. Die leeren Flaschen und Dosen werden nur in den Niederlanden zurückgenommen.

Die Kreislaufflasche – Innovation oder Mythos?

2023 startete Lidl mit Günther Jauch als Werbegesicht die Kampagne „Aus Liebe zur Natur“ und informierte über die Vorteile der Kreislaufflasche, die zu 100 % aus recyceltem Kunststoff hergestellt wird. Die Discounter-Kette bezieht sich auf die Ökobilanz der Einweg-Kreislaufflasche die vom Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) veröffentlicht wurde, aus der hervorgeht, dass die PET-Kreislaufflasche ökologischer ist als die Mehrwegflasche.

Das Prinzip Kreislaufflasche

Mit der Kreislaufflasche soll die PET-Flasche noch ökologischer werden und durch Recycling ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Um dies zu erreichen, werden die Getränkeflaschen vollständig verwertet, um daraus neue PET-Flaschen herzustellen, ohne jedoch neues Material dafür einsetzen zu müssen. Lidl geht sogar noch einen Schritt weiter und macht die Flaschen für Getränke der Eigenmarken Freeway, Saskia und Solevita leichter. Durch das geringere Gewicht und das Recycling wird der CO2-Fußabdruck der PET-Einwegflaschen kleiner. Hinzu kommt, dass auch der Transport klimaschonender abläuft. In gepresstem Zustand können mit einem Lkw bis zu 400.000 Kreislaufflaschen je Ladung transportiert werden. Von den Mehrwegflaschen hingegen kann ein Lkw nur etwa 15.000 Flaschen pro Ladung transportieren.

Deutsche Umwelthilfe stellt die Umweltfreundlichkeit der Kreislaufflasche in Frage

Lidl wirbt damit, dass die PET-Kreislaufflasche zu den ökologischsten Flaschen auf dem Markt gehört und untermauert diese Aussage mit der Ökobilanz des Instituts für Energie- und Umweltforschung. Die Deutsche Umwelthilfe hegt Zweifel an dieser Aussage und der Studie, die von Lidl in Auftrag gegeben wurde. Laut der Studie weist die von Lidl beworbene Kreislaufflasche eine bessere Ökobilanz als eine Mehrwegflasche auf. Die PET-Flaschen von Lidl sind leichter und sollen komplett aus dem Kunststoff alter Pfandflaschen hergestellt werden. Die Deutsche Umwelthilfe weist jedoch darauf hin, dass auch die Kreislaufflaschen von Lidl keinen 100 % Recyclingkreislauf aufweisen und für die Studie Marktdurchschnittsdaten des Mehrweg-Pfandsystems verwendet wurden. Hinzu kommt, dass Lidl ein eigenes Verpackungssystem für PET-Pfandflaschen aufgebaut hat, das eigene Recyclinganlagen und Mineralbrunnen zur Abfüllung beinhaltet. Dadurch werden laut der Deutschen Umwelthilfe „Äpfel mit Birnen“ verglichen und die Studie ist nicht aussagekräftig.

Problematik Pfandschlupf – wie Hersteller und Händler von der Pfandpflicht profitieren

Nicht jede Pfandflasche, die in den Handel gelangt, wird auch wieder zurückgegeben. Was für die Umwelt und das Recycling nachteilig ist, stellt sich für die Getränkeabfüller und Händler als äußert profitabel heraus. Denn wird die Flasche nicht zurückgegeben, können Hersteller und Verkäufer die 25 Cent Pfand, die die Kunden beim Kauf bezahlt haben, behalten. Der Pfandschlupf, wie die fehlende Rückgabe genannt wird, brachte den Abfüllern und dem Einzelhandel laut NABU im Jahr 2015 etwa 180 Millionen Euro ein. Durch diese Zusatzeinnahmen sind die Hersteller in der Lage, die Getränke in PET-Flaschen günstiger anzubieten, als es bei Mehrwegflaschen der Fall ist. In gewisser Weise subventionieren die Kunden durch ihr Verhalten die Abfüller und Händler. Der NABU fordert daher, dass die Einnahmen, die durch den Pfandschlupf anfallen, nicht bei den Herstellern und Händlern verbleiben, sondern stattdessen für den Umwelt- und Ressourcenschutz verwendet wird, wie es auch in Dänemark der Fall ist.

Verpackungsgesetz bringt weitere Änderungen

Mit der Einführung und Anpassung des Pfandsystems konnte bereits vieles in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Kunststoffflaschen bewirkt werden. Das Verpackungsgesetz sieht in den kommenden Jahren noch weitere Änderungen vor, mit denen die PET-Einwegflasche ökologischer werden soll. So müssen ab 2025 alle PET-Einweg-Getränkeflaschen aus mindestens 25 % recyceltem Plastik, auch Rezyklat genannt, bestehen. Zusätzlich wurde festgelegt, dass ab 2030 der Anteil von Rezyklat mindestens 30 % betragen muss. Diese Änderung betrifft dann alle Getränkeflaschen, die aus Einweg-Kunststoff hergestellt werden. Bei den Mehrwegflaschen aus PET betrug der Anteil aus recyceltem Kunststoff bereits im Jahr 2015 im Durchschnitt 26 %. Die EU-Kunststoffprodukte-Richtlinie sieht außerdem vor, dass bis zum Jahr 2029 90 % der Einwegflaschen aus Kunststoff getrennt gesammelt werden, um diese funktionierenden Kreislaufsystemen zuführen zu können.

Quellen:

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