Plastik in der Landwirtschaft

26. Juni 2019 | Ökologisch Wohnen

Dass Mikroplastik unsere Ozeane verschmutzt und so das Ökosystem Meer empfindlich ins Wanken bringt, wird derzeit stark diskutiert. Was jedoch nur wenige wissen: Auch an Land sind die kleinen Kunststoffpartikel ein riesiges Problem. Ein Sektor, der daran nicht unerheblich beteiligt ist, ist die Landwirtschaft. EU-weit landet diese im Kunststoffverbrauch auf Platz 6. Weltweit sind es Schätzungen zufolge rund 6,5 Millionen Tonnen Plastikabfälle, die die Landwirtschaft verursacht – und das jedes Jahr.

Problem Mikroplastik auch in der Landwirtschaft präsent

Wie groß der Anteil an Mikroplastik in den Böden tatsächlich ist, kann man bisher noch nicht genau sagen. Die Forschung dazu steckt noch in den Kinderschuhen. Schätzungen zufolge gelangt von den mehr als 400 Millionen Tonnen Plastik, die jedes Jahr weltweit produziert werden, rund ein Drittel in unsere Böden. Damit wäre die Verschmutzung durch Mikroplastik an Land je nach Umgebung vier- bis 23-mal höher als im Meer! Das Problem existiert also nicht nur in den entlegenen Stränden Südostasiens. Auch der Acker nebenan weist höchstwahrscheinlich eine hohe Schadstoffbelastung, verursacht durch Mikroplastik, auf. Das bestätigte zuletzt auch eine Studie der Universität Bayreuth. Bei der Untersuchung eines Ackers konnte man eine hohe Kontamination mit Makro- und Mikroplastik nachweisen. So fand man pro Kilogramm Trockengewicht durchschnittlich 0,34 Teilchen Mikroplastik im Boden, was hochgerechnet einer Verschmutzung von mindestens 150.000 Kunststoffteilchen pro Hektar entspricht. Dabei war Polyethylen der mit Abstand am häufigsten vorkommende Kunststoff.

Gewächshaus aus Plastik mit Mulchen für den Erdbeeranbau

Plastik im Obst- und Gemüseanbau

Doch wie gelangt das Mikroplastik überhaupt in den Boden? Wie kann es sein, dass auch in Deutschland so viel Plastik in unsere Umwelt gelangt, wenn hierzulande angeblich 99 Prozent der Kunststoffabfälle entweder verbrannt oder recycelt werden? Wirft man einen Blick auf die Äcker, erkennt man das Problem schnell. Plastik scheint in der Landwirtschaft nämlich allgegenwärtig: Während Plastikmeere vor allem im Süden Spaniens ganze Landstriche bedecken, wachsen auch in Deutschland immer mehr Obst- und Gemüsesorten unter Folien, insbesondere Spargel und Erdbeeren. Damit will man die Ernteerträge steigern, das Wachstum von Unkraut unterdrücken und die Pflanzen vor Vögeln, Insekten und ungünstigen Wettereinflüssen schützen.

Neben Gewächshäusern, -tunneln und Mulchen aus Plastik kommt Kunststoff darüber hinaus als Verpackungsmaterial bei der Herstellung von Silage, bei der Wasserspeicherung und für den Transport der Ernte zum Einsatz. Eine Studie der Environmental Investigation Agency (EIA) fand kürzlich heraus, dass das daraus entstehende Mikroplastik landwirtschaftliche Flächen kontaminiert und so nachhaltigen Einfluss auf das Ökosystem ausübt. Zwar halten Landwirte dagegen, dass sich die verwendeten Folien recyceln lassen. In der Praxis gestaltet sich das Recycling aber oft schwierig, da die Folien zu stark verschmutzt oder vom Sturm zerfetzt sind. Dann bleibt doch nur die Verbrennung.

Silage in Plastik verpackt

Düngung mit Klärschlamm

Eine weitere wichtige Quelle, über die Mikroplastik in unsere Böden gelangt, ist der Klärschlamm. Dabei handelt es sich um das Restprodukt, das nach der Reinigung unseres Abwassers in den Kläranlagen übrig bleibt. Im Klärschlamm befinden sich Unmengen an Schadstoffen, darunter auch jede Menge Plastik. So werden 90 Prozent der im Abwasser befindlichen Plastikteilchen zwar aus dem Wasser herausgefiltert, diese verbleiben dann aber im Klärschlamm. Und der wandert zu einem Drittel als Düngemittel auf unseren Feldern. Die einzige Voraussetzung dafür ist laut Düngemittelverordnung, dass der Klärschlämm nicht mehr als 0,5 Prozent Fremdstoffe und weniger als 0,1 Prozent Plastikbestandteile enthält. Dabei finden bislang jedoch nur Stoffe Berücksichtigung, die größer als zwei Millimeter sind. Wie groß der Anteil der winzig kleinen Kunststoffpartikelchen darin wirklich ist, lässt sich nur vermuten.

Bauer düngt sein Feld mit Klärschlamm

Kompost aus Biomüll

Auch aus Biomüll hergestellter Kompost ist oft nicht so biologisch, wie es zunächst den Anschein erwecken mag. Auch hier tragen rechtliche Vorlagen zum Problem bei. Bislang ist es nämlich erlaubt, Lebensmittelabfälle in der Verpackung zu schreddern, bevor man sie zu Kompost verarbeitet. Kein Wunder also, dass das Team der Uni Bayreuth in einer Biogasanlage bis zu 900 Plastikpartikel in einem Kilogramm Kompost fand. Aber nicht nur Unternehmen und Anlagenbetreiber sind in der Pflicht, etwas an ihrem Verhalten zu ändern. Auch die Verbraucher tragen zum Plastikproblem in der Landwirtschaft bei. Denn auch in Abfällen aus privaten Haushalten fanden die Forscher jede Menge Mikroplastik; durch falsche Entsorgung von Plastikmüll in der Biotonne verursacht.

Abfallreste auf den Feldern

Und dann wären da noch diejenigen, die ihre Verpackungen und Essenreste achtlos am Feldrand entsorgen oder aus dem Auto werfen. Die Abfallreste landen nicht selten auf den Äckern der Landwirte, die diese Hinterlassenschaften vor dem Umpflügen  erst einmal entfernen müssen. Dabei bleiben immer Plastikreste zurück, die durch den Einsatz landwirtschaftlicher Geräte, aber auch durch Verwitterung zerkleinert werden. Mikroplastik, das aus größeren Kunststoffstücken entsteht, kommt laut den Forschern der Uni Bayreuth erheblich öfter vor als das in Kosmetikprodukten und Reinigungsmitteln enthaltene Mikroplastik.

Mikroplastik: Gefahr für uns und unsere Umwelt

Eine Gefahr für die Umwelt stellen aber beide Arten von Mikroplastik dar. So hat man nachgewiesen, dass Regenwürmer die Plastikpartikel auf den Feldern von der Oberfläche in die Böden hineintragen. Dort können diese viele hundert Jahre überdauern und schließlich auch ins Grundwasser gelangen. Das beeinträchtigt nicht nur die Bodenökologie, sondern das Leben aller Organismen. Schließlich nehmen wir Mikroplastik auf diese Weise mit unserer Nahrung auf. Und das bleibt nicht ohne Folgen: So konnten Forscher nachweisen, dass verschiedene Zusatzstoffe in Plastik den Hormonhaushalt beeinflussen. Außerdem können Sie Entzündungen und Stress auslösen. Und auch die Mikroorganismen im Boden bleiben von Mikroplastik nicht unberührt: Forscher von der FU Berlin und dem Leibniz-Institut wiesen funktionelle Veränderungen in deren Aktivität, hervorgerufen durch veränderte Struktureigenschaften des Erdreichs nach.

Plastik vermeiden kann jeder von uns

Da die Forschung zu den Auswirkungen von Mikroplastik auf unsere Böden noch ganz am Anfang steht, kann man noch nicht genau abschätzen, ob die dadurch hervorgerufenen Veränderungen langfristig negative Auswirkungen auf das Erdreich und seine Ökosysteme haben und wie die Folgen genau aussehen. Eines ist jedoch sicher: Wenn Plastik erst einmal in die Umwelt gelangt, bleibt es dort auch für eine sehr lange Zeit. Es liegt also an jedem von uns, dafür zu sorgen, dass der Plastikmüll erst gar nicht auf den Feldern und im Biomüll landet. Langfristig gesehen wird aber nur eine konsequente Plastikvermeidung das Plastikproblem lösen – und das beginnt schon in der Produktion von Plastik. Die Initiativen vieler Supermärkte, die immer mehr Plastik aus ihrem Sortiment verbannen, geben Grund zur Hoffnung. Es muss aber noch viel mehr getan werden, um der weltweiten Plastikflut Einhalt zu gebieten. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten.

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