Leitungswasser trinken: Ja oder Nein?

27. September 2021 | Gesetzgebung & Politik

Wenn es um Leitungswasser geht, scheiden sich die Geister. Viele schwören darauf, dass Mineralwasser die gesündere Wahl ist, da es uns mit allen nötigen Mineralien versorgt. Einige sind sogar der Meinung, dass Leitungswasser dagegen gesundheitsschädlich ist. Dabei ist Leitungswasser wesentlich günstiger und nachhaltiger als abgepacktes Mineralwasser. Wir haben uns informiert, ob Leitungswasser wirklich gefährlich ist.

Leitungswasser trinken

Leitungswasser und andere Wasserarten

Wahrscheinlich kennt jeder die Begriffe Mineralwasser und Leitungswasser, die meisten haben sicher auch schon von Tafelwasser gehört. Aber wo genau liegt der Unterschied?

Leitungswasser

Leitungswasser ist das Wasser, das bei uns Zuhause aus der Leitung kommt – aus dem Wasserhahn, der Dusche oder auch aus der Toilettenspülung. Es ist Grund- oder Oberflächenwasser, das extra aufbereitet wird, sodass es sicher für den Verzehr ist. In Deutschland hat das Leitungswasser Trinkwasserqualität.

Mineralwasser

Mineralwasser stammt aus natürlichen, unterirdischen Wasservorkommen. Es wird auf natürliche Weise gefiltert, indem es durch Gesteinsschrichten fließt. Dabei wird es auch mit Mineralien angereichert. Es dürfen Schwefel, Eisen und Kohlensäure herausgefiltert werden.

Tafelwasser

Tafelwasser sind künstlich hergestellte Mineralwasser. Sie werden künstlich mit Mineralien angereichert. Tafelwasser kann aus verschiedenen Quellen und Wassern gewonnen werden und wird dann mit Mineralien und teilweise auch Kohlensäure aufbereitet.

Quellwasser

Quellwasser stammt – wie der Name schon sagt – aus einer Quelle. Es wird direkt an der Quelle abgefüllt und kommt aus schadstoffgeschützten Reservoiren. Quellwasser muss keine bestimmten Konzentrationen an Mineralien enthalten.

Heilwasser

Heilwasser beinhaltet so viele Mineralstoffe und Spurenelemente, dass es eine heilende Wirkung hat. Es gilt daher als Arzneimittel. Bevor ein Wasser als Heilwasser ausgezeichnet werden kann, muss die heilende Wirkung aber nachgewiesen werden.

Ist Leitungswasser gesundheitsschädlich?

Viele Menschen machen sich Sorgen, dass das Leitungswasser gesundheitsschädlich sein könnte. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Letztlich ist aber keiner davon bedenklich, denn: In Deutschland gilt die Trinkwasserverordnung. Sie ist sehr strikt und reglementiert alle Ansprüche und Maximalwerte für Trinkwasser in Deutschland. Das Leitungswasser in Deutschland wird regelmäßig überprüft, damit die Ansprüche jederzeit erfüllt werden.

Trinkwasserverordnung

Kalkhaltiges Leitungswasser

Mit Kalk im Leitungswasser hatte sicherlich jeder schon einmal zu kämpfen. Man erkennt es an den Rückständen am Wasserhahn oder dem Duschkopf und wirklich relevant wird es, wenn Waschmaschine, Wasserkocher und Kaffeemaschine darunter leiden. Denn Kalkrückstände können diese Maschinen beschädigen, weshalb man sie regelmäßig entkalken sollte. Das geht entweder mit speziellen Entkalkungstabs, Zitronensäure oder Essig. Für den Menschen ist kalkhaltiges Wasser aber kein Problem. Im Gegenteil: Kalk ist sogar ein wichtiger Mineralstoff für uns.

Rückstände aus Leitungen

Häufig kommen Probleme mit der Qualität des Leitungswassers durch Rückstände aus Leitungen und Armaturen zustande. Viele Häuser wurden früher mit Bleirohren ausgestattet. Diese stellten sich im Nachhinein also Problem heraus, denn sie geben Blei an das Leitungswasser ab. Daher ist der Einbau von Bleirohren seit 1973 in ganz Deutschland verboten. Heute kommt es nur noch selten zu Problemen durch Blei-Rückstände. Und wo doch noch Blei-Rohre verbaut sind, ist der Vermieter verpflichtet, diese auszutauschen. Allerdings können sich auch aus minderwertigen Armaturen Metalle lösen, vor allem, wenn das Wasser einige Zeit darin steht. Hier hilft es, das gestandene Wasser abfließen zu lassen und zum Beispiel zum gießen zu verwenden. Das frische Wasser kann dann getrunken werden oder zum Kochen verwendet werden.

Übrigens: Auch wenn Kalk oft unerwünscht ist im Leitungswasser, da er Elektrogeräte verkalkt, kann er nützlich sein. Er setzt sich wie eine Schutzschicht in den Leitungen ab und verhindert, dass dort Schadstoffe ins Leitungswasser übergehen können.

Armatur

Medikamente im Grundwasser

Bedenklich sind auch Medikamente, die ins Grundwasser gelangen. Viele machen sich Sorgen, unbemerkt über das Leitungswasser Medikamente zu konsumieren, die langfristig schädlich sind. Auch für Säuglingsnahrung wären Rückstände von Medikamenten im Trinkwasser gefährlich. Aber auch hier sorgt die Trinkwasserverordnung dafür, dass keine schädlichen Mengen im Trinkwasser vorhanden sein dürfen. In den allermeisten Fällen liegen die gemessenen Werte weit unter den erlaubten Richtwerten. Auch hier muss man sich also keine Sorgen machen.

Dennoch bedeutet das nicht, dass sich keine Rückstände von Medikamenten im Wasser finden lassen. Diese sind oft schwer abbaubar und gelangen über den Urin oder beim Duschen ins Grundwasser. Um diese Mengen bestmöglich zu reduzieren gilt: Medikamente nicht über den Abfluss entsorgen! Hustensaft, abgelaufenes Schmerzmittel und Co. lieber über den Hausmüll entsorgen. Einige Apotheken bieten auch einen Entsorgungs-Service an.

Mikroplastik trinken

Mikroplastik ist immer wieder Thema, vor allem in Anbetracht der immer größer werdenden Müllberge in Meer und Umwelt. Mikroplastik sind Plastikteilchen die kleiner als 5 Millimeter sind. Da Plastik nicht abgebaut werden kann, zerfällt es mit der Zeit lediglich und wird zu Mikroplastik. Aber auch in unserem Alltag entsteht immer wieder Mikroplastik. Beispielsweise durch unsere Kleidung: Sie besteht meist zumindest zum Teil aus Kunststoff, der sich im Gebrauch oder zum Beispiel beim Waschen löst und so ins Grundwasser gelangt. Bis zu 5 Gramm Mikroplastik nehmen wir so jede Woche auf.

Dass wir auch über das Trinkwasser Mikroplastik aufnehmen ist bis jetzt nicht vollkommen vermeidbar – weder bei Leitungswasser noch bei Mineralwasser aus Flaschen. Mikroplastik kann in beiden Wassern vorkommen und nicht zu 100% herausgefiltert werden. Allerdings arbeitet die Forschung an noch besseren Filtern, die das Trinkwasser komplett vom Mikroplastik befreien können. Und damit die Belastung in Zukunft nicht schlimmer wird, hilft nur eines: Den Plastikverbrauch massiv reduzieren!

Bakterien und Legionellen

Bakterien

Stehendes Wasser, vor allem in warmen Umgebungen, bietet die ideale Grundlage für Bakterienwachstum, wie zum Beispiel Legionellen. Das sind Bakterien, die die sogenannte Legionärskrankheit auslösen können. Das ist eine Variante der Lungenentzündung. Die Bakterien können sich vor allem in warmem, stehendem Wasser vermehren. Wasser, das beispielsweise über den Sommerurlaub in der Leitung stand, sollte daher nicht als Trinkwasser verwendet werden, sondern lieber zum Gießen genutzt werden.

Warum ist Leitungswasser die bessere Wahl?

Deutsches Leitungswasser ist bedenkenlos genießbar und oft sogar die bessere Wahl als bereits abgefülltes Wasser in Flaschen. Das hat verschiedene Gründe:

  • Weniger CO2-Ausstoß: Deutsches Leitungswasser ist ein echt regionales Produkt. Es stammt aus lokalen Wasserreservoiren und wird vor Ort aufbereitet. Damit ist sein ökologischer Fußabdruck von Haus aus wesentlich geringer, als bei abgefülltem Wasser aus dem Supermarkt. Während Mineralwasser im Schnitt einen CO2-Ausstoß von über 200g pro Liter aufweist, kommen für einen Liter Leitungswasser gerade mal 0,35g des klimaschädlichen Abgases zusammen.
  • Geringere Kosten: Wer Leitungswasser statt Flaschenwasser trinkt, tut nicht nur Gutes für die Umwelt, sondern auch für seinen Geldbeutel. Denn Leitungswasser ist deutlich günstiger als Mineralwasser aus dem Supermarkt. Hier kostet 1 Liter zwischen mindestens 13 Cent. Für einen Liter Leitungswasser hingegen zahlst Du nur rund 0,2 Cent. Damit kostet Dich selbst das günstigste Mineralwasser 65-mal mehr, als der Griff zum Wasserhahn. Von teuren Wassern, die am anderen Ende der Welt in Designer-Verpackungen abgefüllt werden, gar nicht erst angefangen.
LeitungswasserMineralwasser
CO2-Ausstoßca. 0,35g pro Literca. 200g pro Liter
Kosten0,2 Cent pro Litermin. 19 Cent pro Liter
Aufwandsehr geringsehr hoch
Müllkein Müll durch das AbfüllenPlastik & Glasflaschen verursachen Müll
SchadstoffeStreng kontrolliert durch Trinkwasserschutzverordnungebenfalls streng kontrolliert durch Trinkwasserschutzverordnung, aber: Schadstoffe können bei falscher Lagerung von Plastikflasche ins Wasser übergehen

  • Weniger Aufwand: Leitungswasser ist auch einfach einfacher zu besorgen, als Flaschenwasser. Es wird direkt ins Haus geliefert und steht jederzeit zur Verfügung. Wer ein Fan von Sprudelwasser ist, kann sich auch das einfach mit einem Automaten zuhause selber machen und spart sich so das Kisten schleppen. Auch unterwegs kommt man schnell an Leitungswasser: Viele Läden beteiligen sich zum Beispiel an dem Refill-Projekt. Hier kannst Du kostenlos Deine Wasserflasche mit Leitungswasser auffüllen lassen. Einige Städte haben außerdem Trinkbrunnen installiert, an denen Du Dir rund um die Uhr Trinkwasser zapfen kannst.
  • Giftige Plastikflaschen: Die meisten Mineralwasser werden in Plastikflaschen mit Pfand verkauft. Aber dieses Plastik kann problematisch werden. Bei längerer Lagerung etwa oder wenn die Flaschen Sonnenlicht ausgesetzt werden, können sich auch hier Stoffe lösen und ins Trinkwasser übergehen.
  • Weniger (Plastik-)Müll: Aber die Flaschen bringen auch noch weitere Probleme. Denn sie verursachen Müll. Auch wenn durch das Pfandsystem ein großer Teil wieder dem Kreislauf zugeführt wird, bedeutet das nicht, dass auch alle Flaschen unendlich wiederverwendet werden können. Und auch die Herstellung der Flaschen selbst verbraucht wertvolle Ressourcen. Glasflaschen sind da zwar die bessere Option, aber auch sie verbrauchen Ressourcen in der Produktion und können nicht zu 100% recycelt werden. Aufgrund ihres Gewichts verbraucht ihr Transport außerdem wesentlich mehr Energie.

Fazit: Welches Wasser ist das Beste?

Gesundheitlich ist deutsches Leitungswasser dank der sehr strengen Trinkwasserverordnung absolut unbedenklich. Im Vergleich zu einigen Mineralwassern ist es teilweise sogar reichhaltiger. Gefahren gehen eigentlich nur von alten Leitungen oder stehendem Wasser aus, sind aber vermeidbar. Abgesehen davon ist Leitungswasser besser für die Umwelt und wesentlich günstiger. Und dass es für jeden frei zugänglich ist, ist definitiv auch ein Privileg, dass wir zu schätzen wissen sollten. Und wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sein Leitungswasser testen lassen. Du kannst eine Probe entweder in Laboren untersuchen oder einen Selbsttest kaufen und das Wasser selber testen. So kannst Du sicher gehen, dass Dein Leitungswasser nicht verunreinigt ist und es bedenkenlos genießbar ist.

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